„Best Practice“-Projekte in NEUSTART KULTUR Modul C
Acht besonders interessante Projekte
Das Fördermodul C „Next Generation und Theater der Zukunft“ hat es den geförderten Theatern ermöglicht, sich mit aktuellen und zukunftsorientierten Themen auseinanderzusetzen. Als beispielhafte „Best Practice“ stellen wir acht Theater und ihre Vorhaben/Projekte vor, die im Rahmen von NEUSTART KULTUR – Junges Publikum in diesem Modul realisiert werden konnten.
Diese Vorhaben und Projekte zeichnen sich durch einen klaren Zeitplan, die Behandlung relevanter Themen für junge Menschen, einen demokratischen Entscheidungsprozess mit Beteiligung der Kinder und Jugendlichen, eine nachhaltige Dokumentation und greifbare Ergebnisse aus.
Die Theatermacher*innen erforschen darin unter anderem, welche Themen das junge Publikum bewegen. Sie suchen nach Wegen, die eigene Theater-Box zu verlassen, erweitern die eigene Bühnensprache und beschäftigen sich mit Themen wie Umweltschutz, sexuelle Aufklärung oder Diskriminierung. Die Beispiele zeigen aber auch, dass viele Theater die Förderung auch dafür nutzen konnten, um die eigenen Arbeitsstrukturen zu überprüfen und sich zum Beispiel im Bereich der Barrierefreiheit zu qualifizieren.
Wir danken allen Künstler*innen und Theatern für die erfolgreiche Zusammenarbeit und die inspirierenden Einblicke in ihre Praxis. Ein besonderer Dank gilt auch der Illustratorin Johanna Benz (© graphicrecording.cool) für die Bilder zu den Beiträgen.
Kölner Künstler:innen Theater
Das Kölner Künstler:innen Theater (KKT) hat ein inter- und transdisziplinäres Rechercheprojekt namens „Outside The Box I und II“ gestartet, um Theater für junges Publikum außerhalb der eigenen Box neu zu denken. Sie fragten sich: „Was passiert, wenn wir über den Tellerrand schauen, die eigene Bubble oder „Box“ verlassen, um junge Menschen wirklich zu erreichen? Um ein Raum zu werden, den junge Menschen mitgestalten und zu ihrem machen?“
Ein Labor diente zum freien Austausch mit Expert*innen aus Disziplinen wie Pädagogik, Kunst, Philosophie, Psychologie und Sozialwissenschaften, um unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen in Hinblick auf gesellschaftliche Herausforderungen zu reflektieren. Im zweiten Teil ging es um die Frage, welche Bühnenformate Jugendliche sich wünschen, wie sie auf Theater aufmerksam werden würden und was sie dazu bringen würde, das Theater wieder zu besuchen. In verschiedenen Modulen wurde 150 Jugendlichen Tanz, Spoken Word, Schauspiel und Musik angeboten und ausprobiert, was begeistert.
In Werkstätten wurden in spielerischen Formaten Fragen und Thematiken erarbeitet, welche für die Schüler*innen relevant waren. Gemeinsam mit Schüler*innen wurde in Partnerschulen eine Zukunfts-Konferenz durchgeführt. Bei der Konferenz wurde über Schule, Corona, Familie, Erwachsene, Klimawandel, Medien, Rassismus und Diskriminierung diskutiert.
In der zweiten Werkstatt wurden mit interessierten Jugendlichen aus dem Labor Hip-Hop und TikTok-Tanzelemente hinzugefügt und beim Spoken Word Texte vertont.
In Zusammenarbeit mit jungen Kölner Künstler*innen entstand die Performance Nacht „(I)soulation“ mit einem Programm, das bunt, vielfältig und chillig auf verschiedenen Bühnen, bei offenen Türen und laufendem Cafébetrieb stattfand.
Weitere Informationen: Outside the Box
Theater Marabu
Theater Marabu, ein freies Theater für junges Publikum in Bonn, hat dieses in zwei Phasen aufgeteilte Projekt entwickelt. Zunächst wurden mit Unterstützung eines Coachings theaterinterne Prozesse und die Teamstruktur reflektiert und bearbeitet. Daraus resultierend konnten mehr Möglichkeiten geschaffen werden, die Kinder gezielter anzusprechen.
In der zweiten Phase folgte die Erstellung einer digitalen Welt, die mit Kindern gemeinsam entwickelt wurde.
In Zusammenarbeit zwischen dem Team des Theater Marabu, Theatervermittler*innen, Medienpädagog*innen und Interaktionsdesigner*innen der Initiative Creative Gaming sowie jungen Menschen zwischen 8-12 Jahren entstand die digitale Plattform Maratopia. Durch Rechercheworkshops im Theater sowie in Schulen entwickelten die Teilnehmer*innen und Schüler*innen Ideen und Material für die Plattform, die vor allem für das junge Publikum nutzbar und zugänglich sein sollte. Es entstanden außerdem Kurzvideos von jungen Menschen für junge Menschen, die Themen und Stücke aus dem Theater behandeln wie „Wie komme ich zum Theater?“, „Wo kann ich Karten kaufen?“ oder niedrigschwellig erklären, wie ein Theaterbesuch aussehen kann.
Die Welt kann man hier ausprobieren.
Das erforderliche Passwort ist erhältlich unter: theaterpaedagogik@theater-marabu.de
Leute wie die GbR
„Leute wie die“ ist eine freie Performancegruppe, die sich zusammensetzt aus tauben und hörenden Künstler*innen.
Ihr Projekt befasste sich mit Barrierenabbau sowohl im Außenauftritt der Gruppe als auch gruppenintern.
So wurde Equipment angeschafft, um in Eigenregie Videos in Deutscher Gebärdensprache (DGS) zu produzieren und diese auf die eigene, ebenfalls durch Leichte Sprache ergänzte Website zu stellen. Die DGS-Videos wurden unter Anleitung der tauben Darsteller*innen der Gruppe erstellt und von der Gruppe selbst umgesetzt. Die Konzeption und Produktion solcher Videos wird inzwischen auch für andere, externe Auftraggeber*innen angeboten.
Durch die Förderung war es außerdem möglich, einen Pool an Kommunikationsassistent*innen in NRW und Berlin aufzubauen, die für zukünftige Einsätze bei „Leute wie die“ geschult wurden.
Die Gruppe hat zudem einen Access Rider für zukünftige Gastspiele erstellt, der auf die speziellen Bedürfnisse der Gruppe eingeht, deren Grundsätze erklärt und Barrierefreiheitsbedingungen darstellt.
Um ihre eigene interne Kommunikation zu verbessern, haben mehrere hörende Mitglieder an weiterführenden DGS-Kursen teilgenommen.
Weitere Informationen: Leute wie die
Bernd Linde, Figurentheater Die Roten Finger
Bernd Linde ist ein Einzelkünstler aus Niedersachsen, der sein gefördertes Projekt genutzt hat, um eine bessere Vernetzung von Theaterschaffenden im ganzen Bundesland zu ermöglichen. Aus den Vernetzungstreffen ging ein Positionspapier hervor, welches mehr Sichtbarkeit sowie mehr unterstützende Maßnahmen für Kinder- und Jugendtheater fordert. 11 Akteur*innen kamen für 10 Videokonferenzen und ein Präsenzwochenende zusammen, in denen verschiedenste Themen besprochen wurden. Zum Beispiel gab es von allen Beteiligten eine Erhebung zum Thema Generationswechsel und eine Hirnforscherin wurde eingeladen, um pandemiebedingte Defizite in der Entwicklung von Kindern zu diskutieren.
Während des Präsenzwochenendes lag der Schwerpunkt auf dem Thema „Resilienz“ für Theaterakteur*innen. Mit Hilfe eines Coachings wurde Raum geschaffen, um dazu einen persönlichen Austausch zu ermöglichen und sich Strategien zur Stressbewältigung anzueignen.
Hier sind viele Ideen für die Zukunft entstanden. Unter anderem wurde ein gemeinsames Kindertheaterfestival angedacht, über verschiedene Fördermöglichkeiten wurde beraten und ein Video über die Arbeit von Freien Theaterschaffenden ist entstanden.
Weitere Informationen: WIR! Zukunftslabor und Ideenwerkstatt
forum kunstvereint e.V., Consol Theater
Das Consol Theater in Gelsenkirchen hat sich dem Thema Nachhaltigkeit gewidmet. Die Mitarbeiter*innen des Theaters setzten sich zusammen, um ihren Betriebsalltag auf Klimafreundlichkeit zu überprüfen. Dabei wurden verschiedene Bereiche identifiziert, Maßnahmen beschlossen und mit deren Umsetzung begonnen.
Von der Wahl des Putzmittels über Green Touring hin zur Vernetzung in Hinblick auf Kooperationen bei der Nachhaltigkeit wurden bei einer Klausurtagung Schritte zur Umsetzung bis 2033 festgelegt.
Zusätzlich fanden bundesweite und internationale Austausche zum Thema statt. Die Zusammenarbeit mit NRW.Energy4Climate, dem Programm „Fond Zero“ der Kulturstiftung des Bundes und die Teilnahme am europäischen Nachhaltigkeitsprojekt „Le Cake“ ergänzten die Bemühungen des Theaters.
Das Publikum des Consol Theaters wurde zur Spielzeiteröffnung 2022 mit einem Infostand empfangen. Außerdem hängen Plakate aus, die unter „Eine Geschichte der Nachhaltigkeit erzählt am Consol Theater“ die Vorhaben ankündigen.
Weitere Informationen zu Le Cake hier.
Theaterlandschafft e.V.
Die Theatermacher*innen von Theaterlandschafft e. V. aus Friedrichsbrunn/Harz entwickelten einen theatralen Märchenparcours. Mit „Inmittenwald Kids“ laden sie Kinder von 5 bis 12 Jahren auf eine Entdeckungsreise und Walderforschung ein. Anhand einer Geschichte in einem eigens dafür programmierten „magischen Buch“, das zu sprechen beginnt, wenn es an die einzelne Station im Wald gehalten wird, begeben sich die Kinder auf eine Reise durch den Wald. Auf vielfältige und direkte Weise setzen sie sich mit ihrer Umgebung auseinander. Der Wald wird mit all seinen Facetten auf sinnliche, spielerische Weise erfahrbar.
Ergänzende, theaterpädagogisch begleitete Workshops wie „Klang“, „Gestaltung“ und „Spiel“ greifen inhaltlich Themen aus dem Parcours auf. Sie laden die Kinder ein, Klang-Gegenstände zu bauen und zu musizieren, Papier herzustellen, zu malen und zu schreiben, sowie Waldwesen durch Bewegungsspiele und Improvisation zum Leben zu erwecken.
Weitere Informationen: Inmittenwald Kids
CHICKS* freies performancekollektiv
Das Berliner Kollektiv CHICKS* hat die Förderung genutzt, um sich auf unterschiedlichen Ebenen weiter zu professionalisieren.
In mehreren Strategiewochen wurde an der Arbeitsstruktur des Kollektivs nach Erweiterung des Teams gearbeitet und sich zum Thema Intersektionalität weitergebildet.
Des Weiteren hat das Kollektiv seine Website überarbeitet, um sie barriereärmer für Menschen mit Sehbehinderungen zu machen.
Merchandise wurde neu entwickelt und auf dem Wildwechsel-Festival von den Jugendlichen begeistert aufgenommen. Ob Zollstock, Schal oder Socken, die Auswahl war vielfältig und mit Visitenkarten in Tattoo- oder Stickerform bleiben sie sicherlich bei allen lange in Erinnerung.
Der CHICKS*-Bus, liebevoll auch „FUCKmobil“ genannt, wurde mit auffälliger Beklebung verziert – ein garantierter Hingucker.
Weitere Informationen: Chicks*
Johann Gubo, Kuck und Lausch Theater
Das Theater aus Bayern hat zu ihren bisher bestehenden Inszenierungen Begleitmaterial entwickelt, welches den Kindertagesstätten und Grundschulen hilft, den Besuch pädagogisch nachhaltig einzufangen.
Unterschiedliche Formate wurden hierfür mit verschiedenen Kita-Gruppen ausprobiert.
Nun gibt es für das Stück „Die Fahrt im Wind“ einen großflächigen Ausmalbogen, ein Wimmelbild und ein Bewegungsspiel; für das Stück „Der Tag an dem die Hühner Urlaub hatten“ ein Rätselheft und für das Stück „Die Prinzessin, die unter die Erde des Mondes gucken wollte“ kann ein Workshop gebucht werden, in dem die Kinder selbst die indonesischen Schattenfiguren und Instrumente der Gamelan-Musik ausprobieren können.
Weitere Informationen: Zusatzmaterial